Was ist der Unterschied zwischen Krankengymnastik und Physiotherapie?

Viele fragen sich, ob Krankengymnastik und Physiotherapie dasselbe sind. Die Verwechselbarkeit der beiden Begriffe geht auf die Geschichte des deutschen Gesundheitswesens zurück. 

Wir erklären Ihnen die Unterschiede und zeigen Ihnen, wie Sie Ihr Rezept richtig lesen, damit Sie die bestmögliche Therapie für Ihre Genesung erhalten.

Das Wichtigste in Kürze

Um die häufigsten Fragen direkt zu beantworten, hier die zentralen Punkte zur Übersicht:

  • Physiotherapie ist der heutige Oberbegriff für den gesamten Berufsstand.
  • Krankengymnastik ist ein Teilbereich der Physiotherapie und legt den Fokus auf aktive, übungsbasierte Behandlung.
  • Bei einer Verordnung von Krankengymnastik werden Sie immer von einem staatlich anerkannten Physiotherapeuten behandelt.
  • Die Übungen werden in einen ganzheitlichen Behandlungsplan integriert, der bei Bedarf weitere physiotherapeutische Maßnahmen einschließt.

Was ist Physiotherapie genau? 

Die Physiotherapie ist eine medizinische Disziplin, die sich mit der Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung der körperlichen Funktionsfähigkeit befasst.

Die Arbeit der Physiotherapie stützt sich auf drei Säulen:

  • Therapie: Die Behandlung akuter und chronischer Erkrankungen, von Sportverletzungen über Rückenschmerzen bis hin zu neurologischen Störungen.
  • Rehabilitation: Die Begleitung des Heilungsprozesses nach Operationen, Unfällen oder schweren Krankheiten, um die volle Leistungsfähigkeit wiederherzustellen.
  • Prävention: Die Vorbeugung von Krankheiten und Funktionsstörungen durch gezielte Beratung, Training und Haltungsschulung, um Beschwerden gar nicht erst entstehen zu lassen.

Um ihre Ziele zu erreichen, greift die Physiotherapie auf verschiedene Methoden zurück, die sich grob in zwei Kategorien einteilen lassen: die aktive und die passive Therapie.

Was ist Krankengymnastik genau?

Die Krankengymnastik ist die aktive Säule der Physiotherapie, die auf dem Prinzip „Heilung durch Bewegung“ basiert. Sie nutzt Übungen und Bewegungsabläufe, die Sie unter Anleitung Ihres Therapeuten selbst durchführen. Die Übungen sollen die Funktionen des Körpers aktiv verbessern und wiederherstellen.

Die Hauptziele der Krankengymnastik sind:

  • Stärkung der Muskulatur: Gezielter Aufbau von Kraft und Ausdauer, um Gelenke zu stabilisieren und den Körper belastbarer zu machen.
  • Verbesserung der Beweglichkeit: Wiederherstellung des vollen Bewegungsumfangs von Gelenken nach Verletzungen oder bei chronischen Erkrankungen.
  • Förderung von Koordination und Gleichgewicht: Schulung des Zusammenspiels von Nerven und Muskeln, um Bewegungsabläufe sicherer und effizienter zu gestalten.
  • Schmerzlinderung: Bewegung kann Verspannungen lösen, die Durchblutung fördern und körpereigene schmerzhemmende Mechanismen aktivieren.
  • Korrektur von Fehlhaltungen: Aktives Training hilft, muskuläre Dysbalancen auszugleichen und Haltungsschäden vorzubeugen oder zu korrigieren.

Je nach Diagnose gibt es verschiedene Formen der Krankengymnastik, wie die Krankengymnastik am Gerät für den gezielten Kraftaufbau oder spezielle neurologische Konzepte wie Krankengymnastik nach Bobath für Patienten nach einem Schlaganfall. So oder so hängt der Erfolg der Krankengymnastik zu großen Teilen von Ihrer aktiven Mitarbeit ab. 

Die in der Praxis erlernten Übungen müssen oft als „Hausaufgabe“ regelmäßig fortgeführt werden, um den Therapieerfolg zu sichern. Damit ist die Krankengymnastik auch eine Anleitung zur Selbsthilfe, die Ihnen die Kontrolle über Ihre Gesundheit zurückgibt.

Eine Physiotherapeutin unterstützt eine Frau bei einer Dehnübung im Freien Unterschied Krankengymnastik und Physiotherapie

Die Unterschiede zwischen Physiotherapie und Krankengymnastik im Einzelnen

Der Hauptgrund für die Verwirrung um die beiden Begriffe liegt in einer Gesetzesänderung. Mit dem Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG) wurde 1994 die Berufsbezeichnung „Krankengymnast“ in Deutschland offiziell durch „Physiotherapeut“ ersetzt. Die Änderung hatte zwei wesentliche Gründe:

  • Internationale Angleichung: Weltweit ist der Begriff „Physiotherapy“ oder „Physical Therapy“ der anerkannte Standard. Die Umbenennung war wichtig, um den deutschen Berufsstand international anzuerkennen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu erleichtern.
  • Erweitertes Berufsbild: Der alte Begriff der „Gymnastik für Kranke“ wurde dem gewachsenen Kompetenzspektrum nicht mehr gerecht. Das Berufsbild hatte sich längst um passive Behandlungsformen, diagnostische Fähigkeiten und präventive Ansätze erweitert, die der neue, umfassendere Begriff „Physiotherapie“ besser abbildet.

Trotz der offiziellen Umbenennung hat sich der Begriff „Krankengymnastik“ hartnäckig gehalten. Einerseits ist er tief im allgemeinen Sprachgebrauch verankert. Andererseits verwendet das administrative System des Gesundheitswesens weiterhin das Kürzel „KG“ auf der ärztlichen Verordnung für die Abrechnung der aktiven Bewegungstherapie. 

Aktiv vs. Passiv

Für Ihr Verständnis als Patient ist die Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Therapiemethoden am hilfreichsten. Eine gute physiotherapeutische Behandlung kombiniert beide Ansätze.

Passive Physiotherapie

Bei der passiven Physiotherapie handelt es sich um Behandlungen, die an Ihnen durchgeführt werden, ohne dass Sie aktiv mitarbeiten müssen. Sie dienen vor allem der Schmerzlinderung, der Entspannung, der Mobilisierung von Gelenken und der Vorbereitung des Körpers auf die aktive Phase. Beispiele sind:

  • Manuelle Therapie (MT) zur Behandlung von Gelenkblockaden
  • Klassische Massagetherapie (KMT) zur Lockerung von Muskeln
  • Manuelle Lymphdrainage (MLD) bei Schwellungen
  • Wärme- (Fango) oder Kältetherapie
  • Elektrotherapie zur Schmerzbehandlung

Aktive Physiotherapie / Krankengymnastik:

Bei der aktiven Physiotherapie oder Krankengymnastik stehen Ihre eigene Bewegung und Ihr Engagement im Mittelpunkt. Sie soll die Ursachen der Beschwerden dauerhaft beheben, indem sie Kraft, Koordination und Funktion wiederherstellen. Beispiele sind:

  • Gezielte Übungsprogramme zur Stärkung bestimmter Muskelgruppen
  • Training an medizinischen Geräten (KGG)
  • Gleichgewichts- und Haltungsschulung
  • Atemtherapie

Oft beginnt eine Behandlung mit passiven Maßnahmen, um Schmerzen zu reduzieren und Bewegung überhaupt erst zu ermöglichen. Anschließend wird der Fokus zunehmend auf die aktive Krankengymnastik gelegt, um die erzielten Verbesserungen zu stabilisieren.

Wann zahlt die Krankenkasse? 

Damit die Kosten für Ihre Behandlung von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden, benötigen Sie eine ärztliche Verordnung, auch Heilmittelverordnung genannt. Die Heilmittelverordnung enthält alle wichtigen Informationen für den Therapeuten und die Krankenkasse. Jeder dort enthaltene Code hat eine Bedeutung.

Für gesetzlich Versicherte fällt in der Regel eine Zuzahlung an. Sie setzt sich aus 10 Euro pro Verordnung plus 10 % der Behandlungskosten zusammen. Es gibt Ausnahmen, zum Beispiel bei Arbeitsunfällen oder bei bestimmten chronischen Erkrankungen.

Krankengymnastik und Physiotherapie hängen eng zusammen

Die Unterscheidung zwischen Krankengymnastik und Physiotherapie ist hauptsächlich eine historische und semantische. Für Ihre Gesundheit zählt vielmehr die hochwertige Behandlung durch einen kompetenten, staatlich anerkannten Physiotherapeuten. 

In unserer Praxis besteht der erste Schritt immer in einer umfassenden Befundaufnahme, bei der wir Ihnen zuhören und Ihre Beschwerden genau analysieren. Anschließend entwickeln wir einen individuellen Therapieplan, der die richtigen aktiven und passiven Maßnahmen kombiniert, um Sie zu Schmerzfreiheit, voller Beweglichkeit oder zur Rückkehr zum Sport zu begleiten.

Wir helfen Ihnen bei Ihren körperlichen Beschwerden und unterstützen Sie gerne dabei, Ihre Verordnung zu verstehen: Kontaktieren Sie uns noch heute für Ihren ersten Termin.

FAQs – Häufig gestellte Fragen zu Krankengymnastik und Physiotherapie

Muss ich zum Physiotherapeuten oder zum Krankengymnasten?

Es handelt sich um dieselbe Berufsbezeichnung. Der offizielle Titel lautet heute „Physiotherapeut“. Suchen Sie also nach einem staatlich anerkannten Physiotherapeuten.

Mein Arzt hat mir „KG“ aufgeschrieben. Bekomme ich jetzt nur Übungen?

Nicht unbedingt. Ihr Physiotherapeut wird die verordnete Krankengymnastik (KG) als Baustein in einen Behandlungsplan integrieren. Bei Bedarf kann er diesen um weitere Techniken wie Manuelle Therapie oder Massagen ergänzen.

Was ist der Unterschied zwischen Manueller Therapie (MT) und Krankengymnastik (KG)?

Manuelle Therapie (MT) ist eine passive, manuelle Technik, bei der der Therapeut mit seinen Händen Gelenke mobilisiert und Weichteilstrukturen behandelt, um die Beweglichkeit zu verbessern. Bei der Krankengymnastik führen  Sie selbst Übungen durch.

Wie lange ist mein Rezept für Physiotherapie gültig?

Üblicherweise müssen Sie die Behandlung innerhalb von 28 Kalendertagen nach dem Ausstellungsdatum beginnen. Bei einem Vermerk für „dringlichen Behandlungsbedarf“ verkürzt sich die Frist auf 14 Tage.

Kann ich auch ohne Rezept zur Physiotherapie gehen?

Ja, das ist als Selbstzahler möglich, besonders für präventive Leistungen oder Wellness-Anwendungen. Für die gezielte Behandlung einer medizinischen Diagnose, deren Kosten die Krankenkasse übernehmen soll, ist allerdings ein ärztliches Rezept erforderlich.

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